Peki der Pekinese aus Vafios

03.12.2018

Von Hunden weiss ich, dass sie Dich interessieren. Lass mich also von Peki erzählen. Der ist ein Pekinese und häufiger Gast in meinem Anwesen. "Peki" habe ich ihn genannt. Hunde haben hier in Griechenland im allgemeinen keine Namen.

Eigentlich wollte ich Dir etwas über die politisch - gesellschaftlichen Zustände hier in Griechenland erzählen. Die sind leider immer noch sehr düster. Das Land kommt nicht auf die Beine.

In der fröhlichen Fasnachtzeit trübe Eindrücke nach Konstanz schicken, empfinde ich schliesslich doch als unschicklich.

Was aber schreiben ? Ich hab's. Von Hunden weiss ich, dass sie Dich interessieren. Lass mich also von Peki erzählen. Der ist ein Pekinese und häufiger Gast in meinem Anwesen. "Peki" habe ich ihn genannt. Hunde haben hier im allgemeinen keine Namen.

Peki ist ein Streuner ohne Eigentümer, ein ganz schlaues Kerlchen, jedoch ein laufender Zoo für allerlei Kleingetier. Wenn es ihn juckt, spreizt er die Beine, bis sein Bauch den Boden berührt, und dann schiebt er sich   mit den Hinterläufen vorwärts.

Vermutlich wurde er vor einigen Jahren vorm Dorf ausgesetzt, nahe beim Friedhof . Dort befindet sich eine kleine Schäferei mit einem Pitbull an der Kette. Dem hat Peki sich zugesellt  ohne zu fragen. Den Pitbull habe ich Bully getauft.

Friedhof und Schafstall liegen etwa 400m ausserhalb des Ortes. Jorgos, der Inhaber des Stalles, hat den Zugelaufenen nie akzeptiert und nie gefüttert. Alle Versuche, das Tier zu verscheuchen, blieben erfolglos.

Bully lässt Peki grosszügig vom Trockenfutter mitfressen. Jorgos drückt mittlerweile ein Auge zu. Peki hat vor ihm Angst und hält etwa 10 m Abstand. Meistens liegen hier Hunde an kurzen Ketten. In Häuser hinein dürfen sie nicht. Bei den alten Leuten gelten sie als "unrein", was religiöse Gründe aus dem  nahen Asien haben dürfte. Eine alte Witwe sagte mir einmal, in ein Haus  mit einem Hund ginge kein Engel  mehr hinein. Peki ist ein ewig hungriger Streuner, aber  mit ausgeprägter Reviertreue. Selten sehe ich ihn ausserhalb seiner Wahlheimat, deren Radius erwa 300m beträgt. Der Weg zum Friedhof führt an dem Schafstall vorbei. Leute sieht man da selten. Doch wenn mal welche auftauchen, dann machen Bully und Peki einen mordsmässigen Radau wie übereifrige Wachhunde. Vielleicht ist das ihr Sport, um der Langeweile zu entkommen. Der Pitbull reisst wütend an seiner Kette, und Peki attackiert die Passanten wie ein rotzfrecher Wadenbeisser ,  behält aber immer einige Meter Sicherheitsabstand.

Was passiert, wenn Bullys Kette mal bricht, wagte ich mir gar nicht vorzustellen. Lange ging das auch mit mir so, bis ich zu mir sagte:"Das muss sich ändern". Ich begann, den Beiden Leckerle aus der Küche vorzuwerfen wie Hühnchenreste, Knochen, 

Wurststückchen. Zögernd zuerst nahmen sie die Gaben an. Nach einer Woche ging das schwanzwedelnd ohne Knurren. Und nach einer weiteren Woche nahmen sie mir die Happen friedlich aus der Hand. Bald waren wir Freunde. Sie bellten nicht  mehr, wenn sie mich von weitem kommen sahen . (Werner, weisst Du, dass "bellen" früher ein unregelmässiges Verb war ? Der Hund boll. MeinJupp war weiland ein Meister darin.)

An einer Besonderheit Pekis habe ich immer noch meine helle Freude. Schon weit auf der Weggeraden zum Friedhof, wenn er Wanderern auflauert, erkennt er mich, egal was ich für Kleidung trage  ob mit Hut oder ohne. Dann rast er wie ein gelber Blitz auf mich zu, bremst aber nicht rechtzeitig, will  nicht an mir vorbei sausen. Wenn er bei mir ankommt, ist er noch in voller Fahrt und würde übers Ziel hinausschiessen, wenn er nicht einen Trick  kennte. Die Bewegungsenergie muss geschwind abgebaut werden. Mit einem Ruck wirft er sich bei vollem Tempo auf die Hinterpfoten, wirbelt herum wie ein Kreisel, macht multiple Pirouette. Unmittelbar neben mir endet die Nummer.  Nein, es geht noch weiter. Das Hündchen geht vor mir frontal in Postion,

lässt Kopf und Vorderteil zum Boden sinken, spreizt die Vorderbeine und schaut mich verschmitzt mit seinen grossen Knopfaugen an, wobei er Zähne zeigt, aber nicht wie das bekannte Warnsignal, sondern eher als ob er mich anlachte. Dabei kommen seltsame gutturale Laute aus seiner Kehle, wie wenn er mir etwas sagen wollte. Nach einem kurzen Weilchen, hebt er an, mich in ein paar Metern Abstand fünf-, sechsmal rasend schnell zu umkreisen. Wenn er fertig ist, gehen wir zu zwei  nahen Felsbrocken, wo , ich auf dem einen sitzend, Peki auf dem anderen, die Fütterung beginnt. Ist das Beutelchen leer, sage ich zu Peki:"Alle, alle". Das versteht er genau, kein Betteln um mehr. Mein Eindruck ist, dass Peki Wert darauf legt, dass das ganze Ritual immer exakt in der gleichen Weise abläuft. Danach begleitet er mich bei meinem Spaziergang, doch nur bis an seine imaginäre Reviergrenze. Da kehrt er um und trollt sich davon.

 

Eines missfällt mir. Peki ist immerzu ausgehungert. Knochen zerbeisst er grob und schlingt dicke Brocken im Ganzen in sich hinein. Bei den Dörflern hat er seinen Ruf verspielt, seit er auf dem Friedhof versucht hat, das Grab des eben beerdigten Phillippas aufzuscharren. Zuweilen nimmt er es mit der Reviergrenze nicht so genau, wenn es im Dorf läufige Hündinnen gibt.

Tief in der Nacht steige ich manchmal auf das Terrassendach der Hofküche, bilde die Hände zum Trichter und rufe laut in Richtung Friehof:"Peeekiiii, Peeeekiiii !" Das Hoftor habe ich vorher einen Spalt breit geöffnet. Es dauert nur ein paar Minuten, dann kommt Peki angehechelt. Den Weg in die Küche eilt er mir voraus. Da gibt es die leckeren Sachen, Knochen, Hühnchenabfall, und wenn sowas mal nicht da ist, nimmt er auch Käsestückchen oder eine Boulette. Zufrieden verschwindet er darauf in der Nacht.

Mir ist selten ein so schlauer Hund begegnet. Menschen misstraut er. Vermutlich hatte er eine schlechte Vergangenheit. Männchen machen, auf den Hinterpfoten tanzen, Pirouetten drehen, das hat er in seinem ersten Leben gelernt. Ihn beseelt ein unbändiger Freiheitsdrang. Immerzu  behält er Fluchtwege im Auge. Scheu ist er wie ein Wüstenfuchs. Den Einfall  ihn zu  meinem Haushund zu machen, habe ich fallen gelassen. Einmal war er im Hof eingesperrt. Das Grundstück ist rundherum dicht.

Peki hat einen Weg gefunden. Er kann  nur von einer hohen Mauer auf die Gasse gesprungen sein.

Doch wenn ich demnächst ins Städtchen fahre, kaufe ich einen Karton mit Schappi-Dosen.

 

 

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